MinMon Podcast #34 by Jennifer Touch

Für den Februar haben wir etwas ganz Besonderes für euch: Die aufstrebende Berliner Produzentin Jennifer Touch übernimmt die 34. Ausgabe unseres MinMon Podcasts. Schon in jungen Jahren ist sie, ihren eigenen Worten nach, vom warmen Synthesizer-Sound der frühen 80er „infiziert“ worden — ein Einfluss, der sich klar in ihrer Musik widerspiegelt.

Ihr Sound lässt sich am besten als eine spannende Mischung aus Electro, Synth‑Wave und Italo‑Pop beschreiben, garniert mit eingängigen Melodien und einem nostalgischen, zugleich modernen Flair. Im Podcast hört ihr genau diese Atmosphäre in einem stimmigen Set, das bestens in die dunkleren Februartage passt.

Im Interview sprechen wir mit Jennifer Touch über ihre musikalischen Wurzeln und Einflüsse, die Entstehung ihrer Tracks und ihren Produktionsprozess, die gemeinsame Veröffentlichung mit Adam Port sowie ihre Pläne und Visionen für die Zukunft.

Mehr dazu verraten wir an dieser Stelle nicht — hört euch den Mix an, lest das Interview weiter unten im Beitrag und lasst euch von Jennifer Touchs Klangwelt mitnehmen.

Steckbrief

Artist: Jennifer Touch
Label: Riotvan, Lunatic Records, Pets Recordings, Ortloff Records
Stil: Electro, Synth, Wave, Italo
On air since: 2011
Living: Berlin
Playtime: 3am
Setup: Ableton live, APC Key 25, Arturia MicroBrute, Micro Korg, Vocal Delay, Korg Poly 800
Favoriten: DAF, Umberto, L.I.E.S Rec, Minimal Wave Rec, Cititrax Rec
Drink: Hemingway Sour
Superpower: Allen Ginsberg, Music, Friends & Shoes

Podcast


(Direktlinks: SoundCloud, Podcast Feed, iTunes, HearThis.at, Download)

Interview

Hallo Jennifer, schön das Du Zeit gefunden hast und herzlich Willkommen beim MinMon Podcast. Wie geht es dir?

Danke, gut.

Du bist uns durch deinen besonderen Musikstil, den wir echt gut finden, aufgefallen. Wie würdest Du diesen selber beschreiben?

Ein Mix aus Electro-Synth-Wave-Italo-Pop.

Woher kommt deine Liebe zu dieser Musik? Gab es einen Auslöser durch den Du zum Musizieren gekommen bist?

Als Kind der 80er wurden mir quasi Synthesizer Sounds infiltriert, überall im Radio liefen diese Songs mit diesen nicht greifbaren Klängen. Ich weiß noch wie ich als Kind das erste Mal Blue Monday von New Order auf Kassette gehört habe. Das war wie eine akustische Steckdose in die man reingegriffen hat. Diese Bassline, die Snare und die Claps!

Ich habe später in Punk- und Indiebands gesungen, es war mir aber irgendwann zu langweilig nur die Sängerin zu sein, der Prozess des Musik-machens hat immer ewig gedauert und ich hatte nicht genügend Freiheit und gleichzeitig Hemmungen mich auszudrücken. Ich hatte das Gefühl alles lieber selber machen zu wollen um kompromisslos sein zu können – und Bands sind als Gefüge (meistens) alles andere als das. Außerdem hat mich elektronische Musik zunehmend interessiert. Irgendwann habe ich mir von Freunden zeigen lassen wie das mit dem Produzieren geht, damals noch mit Reason. Plötzlich konnte ich alles selber umsetzen und genau das was ich mir vorstellte! Und dann hab ich einfach weitergemacht..

Im letzten Jahr hattest du eine Veröffentlichung mit Adam Port auf dem Label Pets Recordings. Wie können wir uns das vorstellen? Eure jeweiligen Musikstile sind ja doch recht verschieden.Im Grunde geht es ja im besten Fall immer um dasselbe, nämlich darum ein Gefühl oder eine Idee akustisch zu vermitteln. Und elektronische Musik ist ein weites Feld mit vielen Überschneidungspunkten. Die Art zu produzieren zum Beispiel. Und ich mag es nicht in nur einer Kategorie festzustecken, das schränkt einen als Künstler ein. Unsere Offenheit diesbezüglich war da eine gute Basis. Wir haben uns einfach getroffen und geschaut was dabei rauskommt. Hat Spaß gemacht!

Erzähle uns doch mal etwas mehr zu deiner eigenen Musik die Du produzierst? Was passiert als erstes, wenn Du an neuen Stücken arbeitest?

Ich setze mich selten mit dem Vorsatz hin, jetzt zu produzieren. Das funktioniert nicht gut, (meine) Musik lässt sich nicht stressen. Ich muss immer warten bis sie von selbst aus mir heraus drängt. Meistens passiert das dann wenn ich überhaupt keine Zeit habe, dann muss das trotzdem sofort sein. Ich beginne dann mit einer Bassline, dann Synths, Beats, der Gesang kommt zuletzt, quasi als Instrument on Top. Texte schreibe ich sowieso permanent, also immer wenn das Innere etwas zu sagen hat. Manchmal sagt mir aber auch ein bestimmter Sound oder eine Harmonie welche Worte – anhand ihres Klangs- am besten das Gesamtgefühl ergänzen um welches es mir gerade geht.

Ich versuche bei der ganzen emotionalen Übermittlung immer so wenig wie möglich plakativ zu werden, spiele aber auch gerade mit dieser Gratwanderung. Ja, und nach der ganzen kreativen Phase kommt das Mischen und Perfektionieren des Sounds, das kann schon mal in Arbeit ausarten. Man hat dann nach 2 Stunden das Gefühl man hätte eine 8 Stundenschicht bei einem Bürgerbrater hinter sich.

Arbeitest Du rein digital oder fließen auch externe analoge Klangerzeuger mit ein?

Ich kombiniere Plug-ins mit analogen und digitalen Synthesizern. Ich habe zum Beispiel einen alten (digitalen) Poly Korg 800 aus den 80ern, so einen haben schon Duran Duran benutzt, der ist auch noch invertiert! Und ich benutze auch den Klassiker, den microKORG. Das war mein erster digitaler Synth, den konnte ich mir immerhin leisten. Korg hat auch schon DAF dazu verholfen – als die noch arme Jungs waren – günstig an elektronische Instrumente zu kommen. Ein anderes Gerät ist der Arturia Microbrute, ein Monosynth. Der klingt so schön grob. Alle Instrumente benutze ich auch live, in verschiedenen Kombinationen.

Hast du ein Lieblingsinstrument und warum genau dieses?

Ich liebe den Emulation 2, ein Plug-In von UVI(Workstation). Das war DER Sampler in den 80ern, den hat man mit Disketten bestückt, der originale E-mu Emulator 2 ist riesengroß und natürlich teuer. Die Vintage- Sounds klingen toll und erinnern mich immer an die ein oder andere Platte aus der Zeit.

Steht schon eine weitere Veröffentlichung ins Haus?

In den nächsten Monaten erscheint eine weitere EP von mir auf Riotvan, ich freu mich schon sehr darauf!

Bist Du im klassischen Sinne ein DJ oder eher ein Live-Act?

Ich bin kein DJ, ich spiele nur Live und nur meine Tracks. Vielleicht lege ich irgendwann mal auf, momentan mixe ich nur für Podcasts. Aber es ist reizvoll seinen musikalischen Kosmos anhand von interessanten Platten, die man liebt, zu zeigen. Ich bewundere Leute die gut auflegen können, die kluge Sets spielen denen man eine persönliche Note und eine Leidenschaft entnehmen kann.

Wie stehst Du zu dem Klischee, dass das Auflegen und Produzieren eine Männerdomäne ist? Sollte es deiner Meinung nach mehr weibliche Künstler in dem Bereich geben?

Man sollte einfach machen. Sicher gibt mehr männliche DJ´s oder Produzenten die öffentlich wahrgenommen werden, und vermeintlich weniger Frauen. Aber sich immer darüber aufzuregen ist kontraproduktiv. Jeder der Musik macht und daran arbeitet sich zu entwickeln wird schon seine Hörer bekommen. Wer vordergründig auf Fame aus ist hat es eh schwer.

Man sollte darauf vertrauen was man kann und einfach das machen was man will. Es sollte meiner Meinung nach mehr weibliche Künstler geben die sich nicht die ganze Zeit in Gender-Debatten aufhalten, sondern die einfach ihre Sache mit Ambition und Überzeugung vorantreiben.

Was steht bei Dir dieses Jahr noch an? Worauf freust Du dich in diesem Jahr am meisten?

Ich freue mich auf meine kommende EP. Und auch darauf, live zu spielen, zu verreisen und mehr gute Cocktails zu trinken.

Vielen Dank für deine Zeit.

Sehr gern.

Tracklist

1. DAF – Brothers
2. Tzusing – King of System
3. Appian – Operator
4. Future Holograms – Valentine
5. Broken English Club – Glass
6. Amato – Physique
7. Eargoggle + Weltwirtschaft – Die ganze Welt
8. Fool – Real Thing (Coca Mix)
9. QY – Zord
10. Alex Smoke – Manacles
11. Jennifer Touch – It to come
12. New World – Mirage
13. Teengirl Fantasy – Dancing in Slow Motion (feat. Shannon Funchess)
14. Umberto – Widow of the Web
15. Rihanna – Bitch better have my Money (Outro)